20 Jahre Drogenkonsumraum in Dortmund

Bild: Dortmunder U | Andrej Gelenberg, pexels.com20. Juni 2022 - Am 6. Mai 2022 fand eine Fachveranstaltung zum Anlass des 20-jährigen Bestehens des Dortmunder Drogenkonsumraums statt. Der Drogenkonsumraum wird betrieben von der Drogenhilfeeinrichtung cafe kick in Trägerschaft der aidshilfe dortmund. Die Gesamtbilanz ist beeindruckend: 690.000 Mal wurden illegale Drogen in der Einrichtung konsumiert und eben nicht auf Spielplätzen oder anderen öffentlichen Plätzen. Eingesammelt und entsorgt wurden 5,2 Millionen Spritzenutensilien. Über 30.000 sozialarbeiterische Hilfestellungen und rund 70.000 medizinische Behandlungen führten teilweise zu einem ersten Einstieg in den Drogenausstieg und vielfach zu einer gesundheitlichen und psychosozialen Stabilisierung. Die Wichtigkeit derartiger Überlebenshilfe-Einrichtungen im Drogenhilfesystem betonte der Bundesdrogenbeauftragte Burkard Blienert in einer einleitenden Videobotschaft. Er empfahl den Mitarbeiter*innen die Ergebnisse immer wieder nach außen zu kommunizieren, besonders im Hinblick auf den Abbau von Unsicherheiten und Widerstände der Stadtgesellschaft.

Bernd Werse vom Centre for Drug Research an der Goethe-Universität Frankfurt stellte Ergebnisse des Forschungsprojekts DRUSEC (drug use and urban security) vor. In dem bundesgeförderten Sicherheitsforschungsprojekt wurde der Umgang mit der Drogenproblematik von Großstädten mit und ohne Drogenkonsumräumen untersucht. Ohne Drogenkonsumräume sind die Risiken für Drogenkonsumierende und die Folgeprobleme für Außenstehende deutlich größer. Drogenkonsumräume erhöhen aber auch die Stresspotenziale im unmittelbaren Umfeld und das subjektive Unsicherheitsgefühl. Einen optimalen Standort der Einrichtung gibt es laut Werse nicht. Zur Verbesserung der Gesamtsituation sollten daher immer sowohl die Perspektive der Anwohner*innen und vor allem der Klient*innen einbezogen werden. Zudem sollte das Angebot eines Drogenkonsumraums auch in anderen Städten realisiert werden.

Ein großer Konsens hinsichtlich der grundlegenden Sinn- und Notwendigkeit von Drogenkonsumräumen bestand bei allen Beteiligten der anschließenden Diskussionsrunde. Die gesundheitliche Situation für Drogenkonsumierende habe sich in den letzten 20 Jahren - auch dank der Einrichtung - deutlich verbessert, so Willehad Rensmann, Geschäftsführer der aidshilfe dortmund. Der Standort der Einrichtung ist mindestens mittelfristig alternativlos, darüber bestand eine große Einigkeit im Diskussionsverlauf, trotzdem muss man immer wieder für Akzeptanz werben. Wichtiger ist eine Optimierung der aktuellen Situation. So soll in Kürze eine Streetworkerin als „Umfeldbeauftragte“ eingestellt werden, um für mehr Sicherheit den Anwohner*innen und den Drogenkonsument*innen zur Verfügung zu stehen.

Die aidshilfe dortmund machte den Vorschlag, den Zugang zum Drogenkonsumraum auch für Drogenkonsument*innen ohne nachgewiesenen Wohnsitz in Dortmund, die sich jedoch bereits in der Szene in Dortmund aufhalten, zu ermöglichen. Denn von 2002 bis 2022 wurden 3.800 Personen aufgrund fehlender Wohnortnachweise oder eines auswärtigen Wohnsitzest abgewiesen. Diese Menschen, die den Konsumraum nicht nutzen dürfen, konsumieren schließlich im Umfeld der Einrichtung und werden von Anwohner*innen und umliegendem Gewerbe mit dem Konsumraum in Verbindung gebracht.  Trotz Bedenkenzeigte sich Frank Renken, Leiter des Dortmunder Gesundheitsamts, für einen befristeten und evaluierten Modellversuch tendenziell offen.

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