Nadelstichverletzungen und HIV-Infektion: Risiko sehr gering

HIV Kontrovers19. Februar 2020 - Die Angst vor einer HIV- oder Hepatitis-Infektion durch Nadelstichverletzungen ist nicht nur im Gesundheitswesen ein Thema, sondern auch im öffentlichen Raum – etwa durch nicht fachgerecht entsorgte Konsumutensilien, zum Beispiel im Umfeld von Spritzenautomaten. In aller Regel entsorgen drogengebrauchende Menschen ihr Konsumzubehör fachgerecht, zum Beispiel im eigens dafür angebrachten Entsorgungsschacht im Spritzenautomaten. Werden doch einmal gebrauchte Spritzen aufgefunden, löst dies oft Ängste vor einer möglichen Ansteckung mit Infektionskrankheiten aus.

Eine Auswertung aus dem Vereinigten Königreich hat nun folgende Punkte bestätigt:

  • Das Infektionsrisiko nach einer Nadelstichverletzung ist sehr gering
  • Im Vereinigten Königreich hat es seit 1999 keine HIV-Infektion bei medizinischem Personal in Folge einer berufsbedingten Nadelstichverletzung mehr gegeben
  • Es gibt keine dokumentierten Fälle einer HIV-Infektion durch Kontakt mit Nadeln oder Spritzen, die im öffentlichen Raum entsorgt wurden   
  • Für den Fall einer Nadelstichverletzung gibt es Leitlinien zum Gebrauch einer Post-Expositions-Prophylaxe (PEP) (zur Leitlinie der Deutschen AIDS-Gesellschaft s. hier).

Grundsätzlich hängst das Risiko, sich nach einer Nadelstichverletzung mit HIV, Hepatitis B oder C zu infizieren, davon ab, ob die Person, die die Nadel vorher gebraucht hat, eine dieser Infektionen hat, wie hoch die Viruskonzentration im Blut ist, von der Menge des Bluts, der Art der Spritze oder Nadel, der Zeit die nach der Verletzung vergangen ist, sowie der Art der Verletzung. Nach einer möglichen HIV-Exposition kann eine PEP eingeleitet werden (s.o.), eine vergleichbare Methode existiert auch für Hepatitis B. Das Risiko einer HIV-Infektion besteht in der Regel nicht, wenn eine Person mit HIV erfolgreich therapiert und ihre Viruslast unter der Nachweisgrenze ist (vgl. hierzu n = n: nicht messbar = nicht übertragbar). Das Risiko, sich mit Hepatitis B und C zu infizieren, ist im Vergleich hierzu deutlich höher (6 – 30% bei Hepatitis B und 1,8% bei Hepatitis C). Für medizinisches Personal empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) des Robert-Koch-Instituts (RKI) eine Hepatitis-B-Impfung.

Deutlich unwahrscheinlicher als die Infektion im beruflichen Kontext ist eine Infektion aufgrund von Kontakt mit einer Nadel oder Spritze, die im öffentlichen Raum aufgefunden wurde. Das HI-Virus ist sehr fragil und kann außerhalb des Wirts nicht überleben. Hepatitis B und C sind leichter übertragbar und können auch länger auf Oberflächen überleben. Dokumentierte Fälle einer HIV-Infektion nach Kontakt mit einer Nadel oder Spritze im öffentlichen Raum gibt es nicht, weltweit sind zwei Hepatitis-B-Fälle und drei Hepatitis-C-Fälle über diesen Infektionsweg bekannt.

Folgende Maßnahmen werden im Falle einer Nadelstichverletzung empfohlen:

  • Den Blutfluss fördern, zum Beispiel indem die Wunde unter fließendes Wasser gehalten wir
  • Die Wunde unter fließendem Wasser und mit viel Seife waschen (keine Bleiche nutzen)
  • Die Wunde während der Reinigung nicht reiben
  • Nicht an der Wunde saugen
  • Die Wunde trocknen und mit einem wasserfesten Pflaster abdecken

Unabhängig von diesen Erste-Hilfe-Maßnahmen sollte schnellstmöglich medizinische Hilfe aufgesucht werden, um ein möglichen Infektionsrisiko abzuklären und mögliche Gegenmaßnahmen einzuleiten.

Weitere Informationen (englischsprachig) finden Sie unter aidsmap.com.