28. Juli 2018 - Anlässlich des Welt-Hepatitis-Tages kritisiert die Aidshilfe NRW mangelhafte Diagnostik und Behandlung. "Die Anstrengungen, Hepatitis zu diagnostizieren, gut
zu behandeln und neuen Infektionen vorzubeugen, müssen intensiviert und
ausgebaut werden." Dazu ruft Arne Kayser, Landesvorsitzender der
Aidshilfe NRW, anlässlich des Welt-Hepatitis-Tags am 28. Juli auf.
Chronische Hepatitis B und C betreffen über 300 Millionen Menschen
weltweit und auch in Deutschland sind schätzungsweise bis zu 600.000
Menschen erkrankt. Die meisten wissen nichts von ihren Infektionen, die
lange symptomlos bleiben. Unbehandelt kann Hepatitis zu Leberzirrhose
oder Krebs führen.
"Trotz politischer Lippenbekenntnisse sind die
Fortschritte in Prävention, Diagnostik und Behandlung viel zu langsam,
um die international vereinbarten Zielsetzungen einhalten zu können",
beklagte Kayser. Die seit einigen Jahren verfügbaren neuen HCV-Therapien
versprechen Heilungschancen von nahezu 100 Prozent, und das bei
deutlich weniger Nebenwirkungen und einer deutlich verkürzten
Behandlungszeit. "Trotzdem sind die Behandlungszahlen nach 2015 wieder
kontinuierlich zurückgegangen, dabei sind längst noch nicht alle
Personen mit HCV-Infektion durchbehandelt", so Kayser.
"Wissenschaftliche
Untersuchungen belegen, wie besorgniserregend die Lage unter Drogen
gebrauchenden Menschen ist. Hier besteht immer noch deutlicher
Handlungsbedarf, was den Zugang zu Präventionsmaterialien, zu Beratungs-
und Testangeboten und zur Behandlung betrifft", sagte Kayser. "Noch
prekärer ist die Situation im Strafvollzug. Wir wissen, dass Haft ein
ideales Setting zur Behandlung wäre, trotzdem wird hier weniger als ein
Prozent der Infizierten jährlich behandelt. Der Zugang zu sterilen
Konsumutensilien wird dort weiterhin konsequent verweigert."
Doch
nicht allein Drogen gebrauchende Menschen sind gefährdet. Auch in der
Zielgruppe der Männer, die Sex mit Männern haben, müsse das Bewusstsein
für Übertragungswege, das Risiko von Reinfektionen und die Vorteile
einer frühzeitigen Diagnose und Behandlung gestärkt werden. "Die
Aidshilfe NRW ist bereit, sich den großen Herausforderungen zu stellen,
die mit der Prävention und der Beratung und Betreuung
Hepatitis-Infizierter verbunden ist. Um die damit verbundenen Aufgaben
zu erfüllen, bedarf es einer gemeinsamen Kraftanstrengung und der
Bereitstellung zusätzlicher Ressourcen", machte Kayser deutlich.
Laut
Robert Koch-Institut Jahr wurden im letzten Jahr 4.798 Fälle von
erstdiagnostizierter Hepatitis C übermittelt, was einer Inzidenz von 58
Diagnosen auf 1.000.000 Einwohner*innen entspricht. Nachdem es in den
vergangenen beiden Jahren zu einem Rückgang der Neudiagnosen gekommen
war, ist damit 2017 erstmals wieder ein Anstieg der Inzidenz zu
verzeichnen. 2016 wurden 4.429 Erstdiagnosen übermittelt (53
Erstdiagnosen/1.000.000 Einwohner*innen), dies entspricht einem Anstieg
von acht Prozent. In Nordrhein-Westfalen wurden insgesamt 999
Erstdiagnosen übermittelt – NRW liegt damit zwar unter dem bundesweiten
Durchschnitt, verzeichnet jedoch zum zweiten Jahr in Folge einen Anstieg
der Diagnosen (2016: 798 Erstdiagnosen).
Nach wie vor der
häufigste Übertragungsweg ist injizierender Drogenkonsum (73 Prozent der
Fälle mit bekanntem Übertragungsweg), gefolgt von der Übertragung durch
Blutprodukte (9 Prozent), Männern, die Sex mit Männern haben (MSM; 7
Prozent) und injizierendem Drogenkonsum in Haft (5 Prozent).
Der
Welt-Hepatitis-Tag ist ein internationaler Aktionstag. Im Jahr 2010
erkannte die WHO-Hauptversammlung Virushepatitis mit einer Resolution
als globale Gesundheitsbedrohung an. Seit 2011 wird der
Welt-Hepatitis-Tag als offizieller Gesundheitstag der WHO am 28. Juli
durchgeführt. Dieses Jahr lautet das Motto des Welt-Hepatitis-Tages
"Hepatitis: Findet die fehlenden Millionen!". Im Fokus steht die
Herausforderung, die noch unentdeckten Patient*innen zu finden, um diese
frühzeitig zu behandeln, vor Spätfolgen zu bewahren und Neuinfektionen
einzudämmen.