Robert Koch-Institut: HIV-Neuinfektionen in Deutschland 2016 weiterhin stabil

Red Ribbon27. November 2017 - Die Zahl der HIV-Neuinfektionen in Deutschland im Jahr 2016 beträgt nach den Berechnungen des Robert Koch-Instituts [RKI] 3.100 und bleibt damit im Vergleich zum Vorjahr stabil. Ein Anstieg ist im Zeitverlauf jedoch bei einzelnen Zielgruppen zu verzeichnen, so auch seit 2010 bei Menschen mit intravenösem Drogenkonsum [IVD]. Die Zahl der insgesamt mit HIV lebenden Menschen in Deutschland wird auf 88.400 geschätzt. Diese und weitere Zahlen veröffentlichte das RKI im jüngsten Epidemiologischen Bulletin vom 23. November 2017 (http://bit.ly/2i0AIVy). Anbei einige der wichtigsten Eckdaten und Entwicklungen:

  • Gesamtzahl der HIV-Neuinfektionen und der Menschen mit HIV in Deutschland: Die Gesamtzahl der HIV-Infektionen in Deutschland im Jahr 2016 wird auf 3.100 geschätzt, etwa 240 Personen (7,7 Prozent) haben sich beim intravenösen Drogengebrauch infiziert. Während die Zahl der HIV-Neuinfektionen bei Männern, die Sex mit Männern haben [MSM], zurückgegangen ist, ist die Anzahl der Neuinfektionen bei IVD seit 2010 angestiegen. Das RKI geht davon aus, dass insgesamt 88.400 Menschen mit einer HIV-Infektion in Deutschland leben, etwa 8.200 (11 Prozent) davon sind Menschen, die intravenös Drogen gebrauchen oder gebraucht haben.
  • Gesamtzahl der HIV-Neuinfektionen und der Menschen mit HIV in NRW: In Nordrhein-Westfalen beträgt die Zahl der HIV-Neuinfektionen im Jahr 2016 640, davon 45 durch intravenösen Drogengebrauch (7 Prozent). Insgesamt leben in NRW geschätzt 19.200 Menschen mit HIV, davon 1.700 IVD (knapp 9 Prozent).
  • HIV-Infektionen, die erst mit fortgeschrittenem Immundefekt diagnostiziert wurden: Ca. 30 Prozent der HIV-Diagnosen bei IVD werden erst bei fortgeschrittenem Immundefekt festgestellt. Bei etwa 10 Prozent der HIV-Diagnosen unter IVD liegt bereits eine Aids-definierende Erkrankung vor. Dabei lässt sich eine Aids-Erkrankung heute bei frühzeitiger Diagnose und Behandlung vermeiden.
  • Geschätzte Zahl von noch nicht diagnostizierten HIV-Infektionen (Dunkelziffer): Nach den Modellrechnungen des RKI beträgt die Zahl der noch nicht diagnostizierten mit HIV infizierten Menschen im Jahr 2016 12.700, davon 870 IVD. Lediglich 13 Prozent dieser Infektionen unter IVD wurden in 2016 diagnostiziert.
  • Entwicklung bei Personen, die intravenös Drogen konsumieren: Den Anstieg der HIV-Neuinfektionen unter IVD im Zeitverlauf führt das RKI auf vielfältige Entwicklungen zurück. Zum einen besteht ein möglicher Zusammenhang mit der vermehrten Migration aus einigen südosteuropäischen Ländern (Griechenland, Bulgarien, Rumänien), in denen aufgrund ökonomischer Krisen Mittel für die Prävention gekürzt wurden und die Zahl Drogen konsumierender Menschen gestiegen sind, sowie aus osteuropäischen Ländern (baltische Staaten, Ukraine, Russland), in denen intravenöser Drogenkonsum nach wie vor ein sehr wichtiger Übertragungsweg ist. Gleichzeitig gewinnen neue Substanzen verbunden mit einer hohen Injektionsfrequenz auch in Deutschland an Bedeutung.

In Anbetracht dieser Zahlen empfiehlt das Robert Koch-Institut, die aktuelle Strategie der Bundesregierung zur Eindämmung von HIV, Hepatitis A und B und anderen sexuell übertragbaren Infektionen weiter konsequent umzusetzen. Konkret bedeutet dies, die HIV-Neuinfektionen zu reduzieren (u.a. indem die erfolgreichen Bemühungen um eine Verbesserung des HIV-Testangebots bei MSM auch auf andere Zielgruppen ausgeweitet werden), die Anzahl der nicht-diagnostizierten Infektionen zur verringern (z.B. durch neue Optionen der HIV-Testung und ein leitliniengerechtes HIV-Testangebot durch die Ärzteschaft) und  die HIV-Therapie allen in Deutschland lebenden HIV-Infizierten zugänglich zu machen, auch für Menschen ohne Papiere und EU-Ausländer*innen ohne gültige Krankenversicherung.